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Mobirise

1999

Erpel, "Verborgene Orte-Brückenköpfe Erpel/Remagen"
Installation und Aktion "Der Rote Stern"

Beteiligung mit Felix Droese, Till Exit, Bettina Munk, Beate Passow, Heide Pawelzik, Raffael Rheinsberg und Anja Wiese 


Die Ludendorffbrücke 

Wie die Kronprinzenbrücke bei Urmitz und die Hindenburgbrücke bei Rüdesheim wurde die Ludendorffbrücke bereits 1912 im Rahmen des Schlieffen-Plans als Eisenbahnbrücke über den Rhein geplant. Erbaut wurde sie 1918 um den Nachschub an die Westfront im 1. Weltkrieg zu verbessern. Allerdings waren die einzigen Soldaten, die die Brücke in dieser Zeit überquerten, Kriegsheimkehrer. Die eigentliche Inbetriebnahme erfolgte 1919 nach Fertigstellung des Tunnels durch die Erpeler Ley.

An der architektonischen Gestaltung der Brücke wirkte der Mannheimer Architekt Karl Wiener mit. Bei den Bauarbeiten kamen russische Kriegsgefangene zum Einsatz.
Aufgrund der militärischen Bedeutung wurden die beiden Widerlager der Brücke mit jeweils zwei festungsartigen Brückenköpfen versehen. Diese Türme waren mit Schießscharten, Truppenunterkünften für die Brückenbesatzungen und Vorratslagern ausgestattet. Von den flachen Dächern der Türme hatte man einen guten Blick über das gesamte Tal. Indem die Eisenbahnschwellen mit Holzplanken abgedeckt wurden, konnte die Brücke in kurzer Zeit für Fußtruppen und Straßenfahrzeuge benutzbar gemacht werden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Ludendorffbrücke nur noch selten als Eisenbahnbrücke genutzt. Stattdessen diente sie vor allem Fußgängern als Übergang zwischen den Gemeinden Erpel und Remagen. Dennoch wurde der militärische Aspekt auch zwischen den Weltkriegen nicht aus den Augen verloren. Sogar ihre eventuell notwendige Zerstörung war eingeplant. Pioniere der Reichswehr und der Wehrmacht bereiteten an ausgewählten Stellen Platz für 600 kg Sprengstoff, dessen Zündung das Bauwerk zu Einsturz bringen konnte.

Bei Beginn des Zweiten Weltkrieges, wurde die Brücke 1939 von einer Brückenwach-Kompanie übernommen und zur Sprengung vorbereitet. Nach der erfolgreichen Besetzung Nordfrankreichs wurde der Sprengstoff jedoch wieder entfernt und in ein Lager in der Nähe von Darmstadt verbracht, da die Brücke offenbar keine kriegswichtige Relevanz haben würde. Dies änderte sich mit fortschreitendem Kriegsverlauf. Am 19. Oktober 1944 erhielt die Brücke einen schweren alliierten Bombentreffer; am 29. Dezember 1944 und Ende Januar 1945 wurde sie erneut bombardiert. Beim Anrücken der alliierten Truppen plante der deutsche Kampfkommandant von Remagen, Hauptmann Wilhelm Bratge, die Sprengung so früh wie möglich durchzuführen. Am Morgen des 7. März 1945 befanden sich nur noch 36 deutsche Soldaten an der Brücke. Da die Truppen der 1. US-Armee bereits mit einer Sprengung der Brücke rechneten, stießen sie nördlich und südlich an Remagen vorbei. Auf Erpeler Seite, also am östlichen Rheinufer suchte ein Teil der Zivilbevölkerung Schutz im Eisenbahntunnel, der sich rechtsrheinisch an der Brücke anschließt.  

Auf deutscher Seite führte die Übertragung der Befehlsgewalt in der auf Major Hans Scheller, den Adjutanten des zwischen Remagen und Schleiden eingesetzten LXVII. Armeekorps unter Otto Hitzfeld, wovon Hauptmann Bratge erst am 7. März um 11:00 Uhr erfuhr, für Verwirrung. Im Gegensatz zu Bratge wollte Scheller die Brücke noch so lange wie möglich passierbar halten, um möglichst vielen deutschen Soldaten die Möglichkeit zu geben, sich über den Rhein vor den Alliierten zurück zu ziehen. Zudem war weder genügend, noch für eine Brückensprengung geeigneter, Sprengstoff vorhanden.

Am 7. März 1945 um 13 Uhr erreichte eine Vorhut der 9. US-Panzerdivision die völlig intakte Brücke. General William M. Hoge befahl kurz darauf den sofortigen Angriff und ihre Einnahme. Während die Deutschen verzweifelt versuchten, die Brücke im letzten Moment noch zu sprengen, begann der Angriff der alliierten Soldaten an der Brücke. Ein Sprengversuch riss zunächst einen Krater in die linksrheinische Rampe, bei einem weiteren Versuch hob sich die Brückenkonstruktion, fiel aber in ihre Lager zurück. Unter Maschinengewehrfeuer riskierten es drei amerikanische Soldaten, mit Scheren ausgerüstet, die Brücke zu betreten, um die Sprengkabel durchzuschneiden. Innerhalb von 24 Stunden passierten 8000 Soldaten den Rhein in östliche Richtung. Von General Eisenhower ist der Ausspruch überliefert: „Die Brücke ist ihr Gewicht in Gold wert“. Vom 7. März bis zum Einsturz am 17. März 1945 setzten die Alliierten 18 Regimenter über die intakte Brücke von Remagen über. Direkt nach der Einnahme der Brücke versuchten US-Pioniere, die beschädigte Konstruktion zu reparieren. Außerdem wurden neben der Brücke drei ergänzende Pontonbrücken gebaut.

Die deutsche Wehrmacht versuchte weiterhin, die Brücke zu zerstören. Die anfangs eingesetzten Kampfschwimmer, die Sprengsätze an den Pfeilern anbringen sollten, wurden jedoch durch Suchscheinwerfer entdeckt. Auch schwere Artillerie- und Luftangriffe führten nicht zum Erfolg. Am 17. März 1945 stürzte die schwer beschädigte Brücke schließlich aufgrund der Überlastung ein. Dabei wurden 32 amerikanische Soldaten getötet, zudem gab es 63 Verletzte. Nur die Brückenpfeiler blieben erhalten.

Die Ludendorffbrücke ging als erster Rheinübergang der alliierten Truppen in die Geschichte ein. Durch den Hollywoodfilm „Die Brücke von Remagen“ („The Bridge at Remagen“, 1969) wurde diese Kriegsepisode weltbekannt. Ungerechter Weise kam der Gemeinde Erpel am Ostufer des Rheins in diesem Film keine nennenswerte Bedeutung zu, obwohl gerade dort die meisten Opfer zu verzeichnen waren. Im öffentlichen Bewusstsein ist die Ludendorffbrücke seither nur als „Brücke von Remagen“ haften geblieben.

Die westlichen Brückentürme in Remagen werden heute als Friedensmuseum genutzt, auf ihren Dächern wehen die deutsche und die USA-Fahne. Die Türme in Erpel waren jahrzehntelang ungenutzt.

Der Rote Stern

Die Idee, einen roten Stern auf einem der Türme zu installieren, ging auf eine Anekdote zurück, nach welcher der Rheinländer Konrad Adenauer in den Zwanziger Jahren auf der Fahrt über die Deutzer Brücke in Köln scherzhaft gesagt haben soll, in Deutz, also am Ostufer des Rheins, fange der Bolschewismus an. Diesen Gedanken weiter verfolgend spielte solitaire factory mit der theoretischen Möglichkeit, dass die Sowjetarmee bei anderem Kriegsverlauf vor den Amerikanern bis zum Rhein hätte vorstoßen können. In der Folge hätte es möglicher Weise eine riesige DDR und eine nur winzige westrheinische Bundesrepublik gegeben.

Bereits im Vorfeld der Ausstellung ließ solitaire factory Gratispostkarten in den Orten entlang des Rheins südlich von Bonn verteilen, auf denen auf das Adenauer-Bonmot verwiesen wurde. Die Abbildung auf den Ansichtskarten zeigte jedoch nicht den ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, sondern zitierten das Bild einer DDR-Märchenschallplatte, auf welcher Hänsel und Gretel vor düsterem Hintergrund mit fragend-erschrockenem Blick in die Ferne zeigten.

Zur Ausstellung in Erpel errichtete solitaire factory auf einem der Türme einen fünf Meter großen roten Stern, der nachts beleuchtet wurde. Das bekannte Symbol des Bolschewismus erhielt so einen Platz direkt gegenüber der deutschen und der USA-Flagge auf den Remagener Brückentürmen. Im Turm selbst stand das Adenauer-Zitat als Frage an der Wand: „Wussten Sie, dass Konrad Adenauer einmal gesagt hat, dass ...“ Im gleichen Raum fanden die Besucher einen Tisch mit Stuhl, ein funktionsloses Telefon sowie die Original-Wahlurne der Gemeinde Erpel. Auf dem Tisch lag ein Stapel Fragebögen, welche die Gäste ausfüllen und in die Wahlurne einwerfen konnten.

Die Fragebogenaktion

Bereits Anfang der 90er Jahre hatte solitaire factory im Rahmen der Werkgruppe „Museum der immateriellen Werte“ eine Reihe von Fragebogenaktionen durchgeführt. In Erpel nahm die Künstlergruppe diese Praxis wieder auf. Im Grunde waren es keine klassischen Fragebögen, sondern die Bögen enthielten zehn Satzanfänge, welche von den Teilnehmern vervollständigt werden sollten. Die Fragen stellten sich somit in den Köpfen der Besucher. Ziel war es, die Teilnehmer zu einer Selbstbefragung zu unterschiedlichen Themen zu veranlassen.
An der Aktion nahmen weit über 100 Ausstellungsbesucher teil.

Wie sich zeigte, fand eine sehr angeregte und ernsthafte Ausseinandersetzung mit den von solitaire factory angerissenen Themen statt.


Ich bin der Ansicht, dass der Stern auf dem Turm ......................................................... 
Aus meiner Sicht hat Konrad Adenauer gemeint, dass .................................................
Wenn ich über Deutschland nachdenke, ist der Rhein für mich .................................
Wenn die russische Armee 1945 bis an den Rhein vorgestoßen wäre, hätte der rheinische Frohsinn ............................................................................................................. ......................
Seit der Wiedervereinigung bin ich der Ansicht, dass der Bolschewismus ...............
Die Sprengung der Ludendorff-Brücke hätte vermieden werden können, wenn ....
Die tiefe Kluft zwischen der rechts- und linksrheinischen Bevölkerung bemerkt man vor allem an ................................................................................................................. ...............................
Als Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zwischen den Roten Stern, dem Mercedes-Stern und dem Stern von Bethlehem würde ich nennen: ..................................... .............................
Unter historischer Gerechtigkeit verstehe ich ............................................................... ....
Tiefenpsychologisch assoziiere ich mit Turm und Tunnel ............................................ ...

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VOXXX-Galerie, Chemnitz
"Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden"

ehemaliges Unihochhaus, Leipzig "Aal", Installation
mit Architekturbüro Weis & Volkmann 

Mobirise

"Mit NATO-Waffen Frieden schaffen"
Geplante Anzeigenkampagne zur Unterstützung der NATO-Doktrin zu Beginn des Kosovo-Krieges

Die Beteiligung der Bundeswehr am NATO-Einsatze im Kosovo-Krieg, welcher vorrangig die Bombardierung Belgrads (und, wie sich bald herausstellte, ein Testlauf für neuartige Waffensysteme) vorsah, wurde von solitaire factory strikt abgelehnt. Dass eine schnelle Beendigung der mit zahlreichen Verbrechen verbundenen Kriegshandlungen in Ex-Jugoslawien eine dringende Notwendigkeit darstellte, wurde nicht bezweifelt. Wohl aber die Mittel und die Teilname der Bundeswehr. Die erste Beteiligung Deutschlands an einem Krieg, noch dazu veranlasst von einer rot-grünen Bundesregierung, stellte einen eklatanten außen- und verteidigungspolitischen Paradigmenwechsel dar. Mit dem Instrument der Überaffirmation plante solitaire factory eine Anzeigenkampagne zur Unterstützung des Verteidigungsministeriums durch die deutsche Zivilbevölkerung. Die Deutschen sollten aufgefordert werden, private Mittel für die Bombardierung Belgrads zu spenden.  
Die Schaltung der Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften war jedoch nicht möglich, da eine private Finanzierung eines Bundesministeriums aus juristischen Gründen nicht vorgesehen ist.